Ein Escape Room, der seinen Spielern etwas zutraut
„Wenn du für ein dummes Publikum schreibst, bekommst du ein dummes Buch“ sagte die Autorin Jenna Moreci (Quelle). Ich denke, das gleiche gilt für einen Escape Room.
Rätsel
Na klar ist es wichtig Rätsel zu erstellen, die von mehr als 10 Prozent der Menschen lösbar sind. Gleichzeitig möchten wir unseren Spielern nicht das Gefühl geben, wir müssten immer ihre Hand halten. Das ist ein Trend, den ich in Computerspielen oft beobachte. Bei vielen Rätseln fühle ich meine Intelligenz von stupiden Aufgaben beleidigt. Diesen Effekt sollte man auf keinen Fall bei seinem Publikum auslösen.
Auf der anderen Seite dürfen Rätsel auch nicht künstlich schwierig wirken. Es soll logisch und fair sein. Damit die Spieler danach den Eindruck haben wirklich etwas geleistet zu haben aber nicht einfach nur beschäftigt wurden. Das ist der schwierige Spagat von anspruchsvollen Rätseln. Sie sollen eine interessante schwierige Aufgabe sein, die nicht mit unsinnigen Hürden aufgeblasen wurden. Herausfordernd und logisch – das ist es, was wir einem mündigen Publikum anbieten wollen.
Escape Room Story
Das gilt auch für die Story. Ich möchte keine übersimplifizierte Geschichte haben, die für jeden problemlos verdaulich ist. Ich liebe Filme über die man noch lange nachdenkt und ziele für so etwas auch bei der Story unserer Räume ab. Wir hatten zwar schon Feedback, dass der ein oder andere Spieler etwas überfordert war mit der Geschichte, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass darunter der Spaß gelitten hätte.
Unser Anspruch war – ich nenne das die Matrix Formel – eine Story zu schreiben, die auf der einen Seite Leute zum nachdenken anregen soll, aber auch Spaß macht, wenn man nicht alles verstanden hat.
Was ich an gutem Storytelling interessant finde, ist es umso mehr Verknüpfungen im Kopf zu erstellen, je mehr man über die Hintergründe erfährt. Wenn man am Anfang überhaupt nicht weiß, was abgeht und dann mehr und mehr über die Geschichte erfährt und dadurch ein Bild im Kopf zusammenstellt. Das ist genau wie Rätsel lösen, aber auf eine andere Art und Weise. So wie ein Detektiv das Geheimnis um einen Fall löst, indem er mehr und mehr Informationen darüber sammelt. Das Gefühl, wenn es Klick macht und man plötzlich etwas versteht, worüber man vorher nur die Stirn gerunzelt hat ist ein wunderbarer Effekt, der dadurch verstärkt wird, dass die Leistung im Kopf hoch war. Hat man die typische Formel der Helden Reise, sind die mentalen Verknüpfungen zwar von jedem herstellbar, nicht jedoch eine große Leistung und das Gefühl es aufgedeckt zu haben, ist geringer.
Das Dilemma eines anspruchsvollen Escape Room
Wir haben dieses Dilemma: Wir wollen keinen Raum bauen, der für den Durchschnitt gebaut ist, denn das wäre nur ein durchschnittlicher Raum. Gleichzeitig haben wir viel Geld in unseren Escape Room gesteckt und brauchen viele Kunden, damit dieses Geld irgendwann auch wieder eingespielt wird. Wie erreichen wir also eine Masse, wenn die Intention von uns niemals war, ein Raum für die Masse zu bauen? Ich denke, hier kommt Vertrauen ins Spiel. Das Vertrauen, dass man dem durchschnittlichen Spieler zutraut, mit einem anspruchsvollem Produkt klarzukommen. Wir denken, jeder hat das Potenzial über sich hinauszuwachsen. Und lieber kitzeln wir das in unseren Spielern wach, als davon auszugehen, dass das Publikum nicht mündig genug ist, mit einem anspruchsvollen Raum klarzukommen. Deswegen bleiben wir unseren Prinzipien treu, den Spielern einen Raum zu bauen, der von einem mündigen Publikum ausgeht.